Das sind die Fakten zur Pflege

In Deutschland wird etwa die Hälfte der Pflegeheime von privaten Trägern betrieben. Deren wesentliches Anliegen ist Gewinnmaximierung. Etwa 300 zusätzliche Pflegeeinrichtungen werden bei uns pro Jahr gebaut. Laut Statistischem Bundesamt wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2050 von heute 2,9 auf 4,5 Millionen steigen. Bliebe die Zahl der stationär versorgten Menschen gleich hoch wie heute, kämen also nochmals Tausende neue Heime hinzu. Das zieht Investoren an wie Motten das Licht, und Privatanleger können sich über zu erwartende Renditen von bis zu 7% freuen. Mit Pflegeheimen lässt sich gutes Geld verdienen. Kurzfristige Schwankungen lassen sich mit Einsparungen und Mehrarbeitszeit oft zu Lasten von Bewohnern und Pflegepersonal kompensieren. In der Altenpflege gibt es keine gesetzlich verbindliche Personalbemessung. Für die Zahlungen der Pflegeversicherung dienen lediglich von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche und unverbindliche Landesrichtwerte und mit den Pflegeheimen vereinbarte Personalschlüssel je nach Pflegegrad der Bewohner. Das ist eher realitätsfern und ein finanzieller Anreiz für personelle Unterbesetzung. Flexible Teilzeitverträge, bei denen der Monatsverdienst unklar ist und Beschäftigung je nach Auslastung erfolgt, sind in der Branche eine gängige Unsitte. Kein Wunder, dass der Pflegeberuf in Alten- und Pflegeheimen wenig attraktiv erscheint. Er macht überdurchschnittlich häufiger krank als andere Branchen, ist im Schnitt 30% schlechter bezahlt als im Krankenhaus und erfährt kaum gesellschaftliche Wertschätzung. Nach zehn Jahren sind noch 37% der Altenpfleger in ihrem Beruf tätig. Zwar steigen die Ausbildungszahlen, aber bei weitem nicht genug. Um wieviel mehr würden sie steigen, wenn die genannten Missstände beseitigt wären? Es ist uns jüngst gelungen, die Pflegeausbildung zu reformieren. Die neue generalistische Ausbildung, bei der die Pflegerinnen und Pfleger sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim arbeiten können, soll dazu führen, dass die Löhne insbesondere in der jetzigen Altenpflege in den nächsten Jahren um 20 bis 30% steigen. Nur wenn die Pflege fair bezahlt wird und damit auch finanziell attraktiv ist, werden sich genügend junge Menschen für diesen Beruf entscheiden. Längst überfällig waren die Abschaffung des Schulgeldes und die Gewährleistung einer angemessenen Ausbildungsvergütung. Ohne bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und mehr Personal werden wir das Steuer nicht herumreißen. Bessere Bezahlung wertet den Pflegeberuf auf und ist ein Anreiz, um möglichst viele Menschen, die diesen Beruf gelernt und verlassen haben, zurückzuholen oder sie dazu zu bewegen, aus der Teil- in die Vollzeit zu wechseln. Personal aus dem Ausland zu holen, ist das falsche Signal. Wichtig ist zudem eine verstärkte Organisierung der Pflegekräfte – nur 8% sind in einer Gewerkschaft. Der Koalitionsvertrag sieht flächendeckende Tarifverträge in der Altenpflege vor. Dazu muss zunächst ein branchenweiter Tarifvertrags durch die Tarifvertragsparteien abgeschlossen werden, ehe unter den gesetzlichen Voraussetzungen auf Antrag der Tarifpartner die im Tarifvertrag geregelten Arbeitsbedingungen durch einen Rechtsakt flächendeckend verbindlich gemacht werden. Das ist ein Thema der Konzertierten Aktion Pflege (KAP), die seit Juli arbeitet. Es geht darum, den Arbeitsalltag, die Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten von Pflegekräften schnell zu verbessern, Auszubildende für die neue Pflegeausbildung zu gewinnen, die Aus-, Fort- und berufliche Weiterbildung zu stärken, Pflegekräfte in der Pflege zu halten und den Wiedereinstieg in den Beruf zu fördern. Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) wird 13.000 neue Pflegestellen in den stationären Pflegeheimen in der Altenpflege ermöglichen. Finanziert wird dies aus Mitteln der Krankenkassen und privaten Versicherungsunternehmen. Kein Pflegebedürftiger wird dadurch zusätzlich belastet. Bis Juni 2020 wird zudem ein Personalbemessungsverfahren für Pflegeeinrichtungen entwickelt und erprobt. Ein verbindlicher Personalschlüssel ist zum Wohle der Pflegebedürftigen als auch des Pflegepersonals unabdingbar.

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